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BGH: Sammelklage-Inkasso zulässig

von Patrick Redell

Urteil vom 13. Juli 2021 - II ZR 84/20

Der II. Zivilsenat des BGH hat mit Urteil vom 13.07.2021 entschieden, dass ein sogenanntes Sammelklage-Inkasso zulässig ist.

Sachverhalt und Prozessverlauf:

Die  Klägerin, eine GmbH, ist als  Rechtsdienstleisterin für Inkassodienstleistungen (§ 10 Abs. 1 Satz 1  Nr. 1 RDG) registriert. Auf einer von ihr betriebenen Webseite warb sie  dafür, Ansprüche gegen die zwischenzeitlich insolvente Air Berlin PLC  & Co. Luftverkehrs KG auf Rückzahlung des Flugpreises gesammelt über sie geltend zu machen. Den Kunden sollten keine Kosten entstehen, die Klägerin im Erfolgsfall 35% der Nettoerlöse aus dem Forderungseinzug  erhalten.

Aus  abgetretenem Recht hat die Klägerin Schadensersatzansprüche von insgesamt sieben Kunden gegen den ehemaligen Geschäftsleiter der Air  Berlin eingeklagt, da er verspätet Insolvenzantrag gestellt habe. Die Kunden haben zwischen Mai und Juli 2017 Flüge bei Air Berlin gebucht und  bezahlt, die aufgrund der Insolvenz nicht mehr durchgeführt wurden.  

Die  Klage ist in beiden Vorinstanzen erfolglos geblieben. Mit der vom Berufungsgericht zugelassenen Revision verfolgt die Klägerin ihr Klagebegehren in vollem Umfang weiter.

Die Entscheidung des Bundesgerichtshofs:

Der  Bundesgerichtshof hat entschieden, dass die hier zu beurteilende  Tätigkeit der Klägerin von ihrer Befugnis gedeckt ist,  Inkassodienstleistungen zu erbringen. Vom Inkassobegriff der § 10 Abs. 1  Satz 1 Nr. 1, § 2 Abs. 2 Satz 1 RDG werden Geschäftsmodelle miterfasst,  die ausschließlich oder vorrangig auf eine gerichtliche Einziehung der  Forderung abzielen. Dies gilt auch für das sogenannte  Sammelklage-Inkasso, bei dem mehrere Forderungen gesammelt und gebündelt  gerichtlich geltend gemacht werden.

Weder  dem Wortlaut noch der Systematik der § 1 Abs. 1 Satz 1, § 3 RDG lässt  sich entnehmen, dass solche Inkassoformen keine zulässigen Rechtsdienstleistungen sind. Bei einer am Schutzzweck des Rechtsdienstleistungsgesetzes, die Rechtssuchenden, den Rechtsverkehr  und die Rechtsordnung vor unqualifizierten Rechtsdienstleistungen zu  schützen, orientierten Würdigung erfasst der Begriff der Inkassodienstleistung unter Berücksichtigung der Berufsausübungsfreiheit  des Inkassodienstleisters (Art. 12 Abs. 1 GG) auch Inkassomodelle, die ausschließlich oder vorrangig auf die gerichtliche Einziehung von  Forderungen abzielen, selbst wenn dazu eine Vielzahl von  Einzelforderungen gebündelt werden.

Der  Klägerin ist ihre Tätigkeit auch nicht wegen der Unvereinbarkeit mit  einer anderen Leistungspflicht nach § 4 RDG verboten. Ein  Interessenkonflikt, der eine entsprechende Anwendung des § 4 RDG auf den  vorliegenden Fall rechtfertigen könnte, liegt nicht vor.

Da  der Klägerin mit dem Sammelklage-Inkasso kein Verstoß gegen das  Rechtsdienstleistungsgesetz zur Last fiel, war die zwischen den Kunden  von Air Berlin und der Klägerin vereinbarte Abtretung wirksam. Der  Bundesgerichtshof hat deshalb das Berufungsurteil aufgehoben und die  Sache zurückverwiesen, damit weitere Feststellungen zum Bestehen der mit  der Klage geltend gemachten Ansprüche wegen Insolvenzverschleppung  nachgeholt werden können.

Quelle: Pressemitteilung des Bundesgerichtshof, Nr. 127/2021