Das Oberlandesgericht (OLG) Braunschweig hat sich mit Beschluss vom 03.12.2021 als drittes Oberlandesgericht bundesweit zur Rückforderung von Verlusten beim Online-Glücksspiel geäußert.
Zwar hat der dortige Senat "nur" dem Antrag auf Prozesskostenhilfe des Antragstellers stattgegeben und damit die gegenläufige vorherige Entscheidung des Landgerichts Braunschweig abgeändert, dennoch ist die Entscheidung von besonderer Bedeutung.
Seit 2018 hatte der dortige Antragsteller bei einem Online-Glücksspiel-Anbieter aus Malta Verluste i.H.v. 41.026,00 € erlitten. Mit seiner beabsichtigen Klage begehrt der Antragsteller die Rückzahlung seiner Verluste. Um seinen Anspruch gerichtlich durchsetzen zu können, bat er gleichzeitig um Prozesskostenhilfe. Dabei werden zu Gunsten des Antragstellers im positiven Falle, ggf. unter Auflagen, aufgrund der persönlichen und wirtschaftlichen Situation des Antragstellers bei Vorliegen bestimmter Voraussetzungen, die Gerichtskosten und die eigenen Anwaltskosten von der Staatskasse getragen.
Diesen Antrag lehnte das Landgericht Braunschweig in erster Instanz mit der Begründung ab, das Begehren des Antragstellers sei ohne Aussicht auf Erfolg. Er könne nicht Jahre später seine erlittenen Verluste wieder zurückfordern. Auch wenn ihm grds. ein Rückzahlungsanspruch zustehe, weil die Vermittlung und Veranstaltung der vom Antragsteller genutzten Online-Glücksspiele durch den Anbieter illegal gewesen sei.
Mit der hiergegen gerichteten Beschwerde änderte das OLG Braunschweig in der zweiten Instanz die Entscheidung des Landgerichts Braunschweig ab und gewährte dem Antragsteller im Hinblick auf seine persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnisse ratenfreie Prozesskostenhilfe.
Nach Auffassung des OLG Braunschweig biete die beabsichtige Rechtsverfolgung hinreichende Aussicht auf Erfolg und erscheine nicht mutwillig. Dem Antragsteller stehe ein entsprechender Rückzahlungsanspruch zu, da der Online-Casino-Anbieter die Beträge ohne rechtlichen Grund erhalten habe. Denn das Veranstalten und Vermitteln öffentlicher Glücksspiele im Internet sei verboten. Auch sei die Geltendmachung der verlorenen Beträge nicht treuwidrig. Soweit die Antragsgegnerin "etwas polemisierend" darauf verwiesen habe, dass der Antragsteller das Geschäftsmodell des „Glücksspiels mit Gewinnmöglichkeit, aber ohne Risiko“ durchzusetzen versuche, greift ihre Argumentation nicht durch.
Wörtlich führte der Senat hierzu aus:
"Zum einen liegt es an der Antragsgegnerin, Online-Glücksspiele nur in solchen Ländern anzubieten, in denen sie dies auch tatsächlich darf. Der Antragsteller hat sich die Teilnahme an dem Online-Glücksspiel nicht etwa durch falsche Angaben erschlichen, so dass die Antragsgegnerin von vorherein mindestens darauf hätte hinweisen müssen, dass für Personen mit Wohnsitz in Deutschland eine Spielteilnahme nicht möglich ist. Wenn die Antragsgegnerin einen solchen – ihr ohne Weiteres möglichen – Hinweis unterlässt, läuft sie bewusst Gefahr, Gelder ohne Rechtsgrund einzunehmen. Dass das Behalten von Geldern, die die Antragsgegnerin durch die rechtswidrige Veranstaltung von Glücksspielen einnimmt, besonders schutzwürdig wäre, ist nicht ersichtlich. Zum anderen hat der Antragsteller für die von ihm geleisteten Spieleinsätze keine einklagbaren Forderungen erhalten, so dass es nicht treuwidrig erscheint, diese Spieleinsätze zurückzufordern. Anders mag es gewesen sein, wenn der Antragsteller die erhaltenen Gewinne behalten wollen würde. Das tut er jedoch gerade nicht, da er sich die ausgezahlten Gewinne abziehen lässt."
Die vorliegende Entscheidung des OLG Braunschweig ist sehr zu begrüssen, insbesondere weil sie sich mit dem immer wieder von Seiten der Online-Casino-Anbieter nicht nachzuvollziehenen Einwand des vermeintlichen Spielens ohne Reue bzw. Risiko beschäftigt. Das Onlineglücksspielverbot und dessen rechtliche Konsequenzen gelten in beide Richtungen, auch wenn Online-Casino-Anbieter selber keine Rückforderungen geltend machen. Es ist daher rechtlich unmöglich, dass ein Spieler Gewinne aus unerlaubtem Online-Glücksspiel behalten dürfte.