Das Oberlandesgericht Frankfurt am Main hat ein richtungsweisendes Urteil gegen einen Online-Casino-Betreiber mit Sitz in Curacao gesprochen. Das Gericht stellte klar, dass Glücksspielanbieter aus Ländern außerhalb der Europäischen Union sich nicht auf die europäischen Grundfreiheiten berufen können. Der Fall betraf die Rückforderung verlorener Einsätze eines in Hessen lebenden Spielers, der an Glücksspielen eines Online-Casinos mit Sitz in Curacao teilgenommen hatte.
Hintergrund des Falls
Der Kläger hatte in einem Online-Casino, dessen Betreiberin in Curacao sitzt, in einem Zeitraum von einem Monat insgesamt 13.000 Euro verloren. Er klagte auf Rückzahlung dieser Verluste. Die Betreiberin des Casinos forderte, dass das Verfahren ausgesetzt werde, bis der Europäische Gerichtshof (EuGH) über einen ähnlichen Fall entschieden habe. Diesen Antrag lehnte das Oberlandesgericht Frankfurt jedoch ab. Die Richter argumentierten, dass sich die Betreiberin nicht auf die Dienstleistungsfreiheit der Europäischen Union berufen könne, da Curacao kein Mitgliedstaat der EU ist. Dadurch war es möglich, das Verfahren in Deutschland ohne Verzögerung weiterzuführen.
Verstoß gegen den Glücksspielstaatsvertrag
Das Oberlandesgericht stellte fest, dass die Betreiberin des Online-Casinos gegen den deutschen Glücksspielstaatsvertrag verstoßen hat, weil sie keine Erlaubnis zum Anbieten von Online-Glücksspielen in Hessen beantragt hatte. Dieser Verstoß führt zur Nichtigkeit der zwischen dem Kläger und der Beklagten geschlossenen Verträge, was bedeutet, dass der Kläger Anspruch auf die Rückerstattung seiner Einsätze hat. Der Glücksspielstaatsvertrag 2021 sieht strenge Regelungen für das Anbieten von Glücksspielen in Deutschland vor, um den Schutz der Spieler und die Eindämmung von Spielsucht zu gewährleisten.
Keine Berufung auf Unionsrecht möglich
Die Beklagte versuchte in ihrer Argumentation, die Grundfreiheiten der Europäischen Verträge anzuführen, insbesondere die Dienstleistungsfreiheit. Das Gericht stellte jedoch fest, dass diese Argumentation ins Leere geht, da Curacao kein EU-Mitgliedstaat ist und die Unternehmen, die dort ansässig sind, nicht in den Genuss der Dienstleistungsfreiheit der Europäischen Union kommen. Daher war es der Beklagten nicht möglich, ihre Geschäftspraktiken mit Bezug auf Unionsrecht zu rechtfertigen.
Anspruch des Klägers auf Rückzahlung der Einsätze
Ein weiteres zentrales Thema des Urteils war die Frage, ob der Kläger Anspruch auf Rückzahlung seiner Verluste hat, obwohl er selbst an einem illegalen Glücksspiel teilgenommen hat. Die Beklagte argumentierte, dass der Kläger gegen gesetzliche Bestimmungen verstoßen habe und deshalb keinen Anspruch auf Rückzahlung haben könne. Das Gericht entschied jedoch, dass der Kläger nicht vorsätzlich gehandelt habe und ihm die Illegalität des Glücksspielangebots nicht bewusst gewesen sei. Aus diesem Grund greift der Ausschlussgrund nach § 817 Satz 2 BGB nicht, und der Rückzahlungsanspruch des Klägers bleibt bestehen.
Treuwidrigkeitseinwand und Schutzwürdigkeit
Ein weiterer Einwand der Beklagten war, dass der Kläger treuwidrig gehandelt habe, indem er die Rückzahlung verlange, obwohl er selbst am Glücksspiel teilgenommen habe. Das Gericht wies diesen Einwand zurück. Es stellte fest, dass die Beklagte, die ohne behördliche Erlaubnis gehandelt hat, kein schutzwürdiges Interesse daran haben kann, die erhaltenen Einsätze zu behalten. Die Beklagte hat sich zudem nicht bemüht, die Spieler darüber zu informieren, dass ihre Aktivitäten in Deutschland nicht erlaubt sind. Das Gericht folgte der Auffassung, dass die Beklagte durch ihr eigenes gesetzeswidriges Verhalten keinen Anspruch auf den Schutz ihrer Interessen haben kann.
Keine Aussetzung des Verfahrens
Die Beklagte beantragte, das Verfahren auszusetzen, bis der Europäische Gerichtshof über ein anhängiges Vorabentscheidungsverfahren in einem anderen Glücksspiel-Fall entschieden hat. Das Oberlandesgericht lehnte diesen Antrag ab, da die Beklagte ihren Sitz außerhalb der EU hat und die Entscheidung des Europäischen Gerichtshofs in diesem Kontext keine Relevanz besitzt. Das Gericht führte aus, dass Anbieter aus Drittländern, wie Curacao, sich nicht auf die in den europäischen Verträgen verankerten Grundfreiheiten berufen können. Dadurch wurde der Weg frei für eine Entscheidung im Sinne des deutschen Glücksspielrechts.
Auswirkungen und Bedeutung des Urteils
Dieses Urteil stellt einen bedeutenden Schritt im Umgang mit illegalen Online-Glücksspielangeboten dar. Es zeigt, dass Anbieter, die ihren Sitz außerhalb der Europäischen Union haben und keine deutsche Lizenz für das Angebot ihrer Dienste besitzen, nicht auf europäische Freiheiten verweisen können, um ihre Geschäftspraktiken zu rechtfertigen. Das Gericht betonte, dass der Schutz der Spieler und die Verhinderung von Spielsucht oberste Priorität haben. Das Urteil stärkt damit die Rechte von Verbrauchern, die in unregulierten Online-Casinos Verluste erlitten haben, und zeigt, dass die deutschen Gerichte entschlossen sind, gegen illegale Angebote vorzugehen.
Fazit: Chancen für Spieler auf Rückforderung von Verlusten
Für betroffene Spieler bedeutet dieses Urteil, dass sie gute Aussichten darauf haben, ihre Verluste zurückzufordern, wenn der Anbieter keine gültige Erlaubnis zum Anbieten von Online-Glücksspielen in Deutschland besitzt. Das Oberlandesgericht Frankfurt am Main hat mit diesem Urteil ein klares Zeichen gesetzt, dass unregulierte Glücksspielanbieter nicht außerhalb des geltenden Rechts agieren können. Wer Verluste bei einem Online-Casino erlitten hat, das keine deutsche Lizenz besitzt, sollte sich rechtlich beraten lassen, um mögliche Ansprüche geltend zu machen. Unser Team steht Ihnen zur Verfügung, um Sie bei der Durchsetzung Ihrer Ansprüche zu unterstützen und Ihnen dabei zu helfen, Ihre Verluste zurückzufordern.
Foto: DALL·E 3